Werden Unternehmen China nun verlassen?

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Die chinesische Regierung hält weiterhin an ihrer Null-COVID-Strategie fest, die bereits 2020 während der ersten Welle Infektionsketten schnell eindämmte. Die raschen und strengen Lockdown-Maßnahmen sowie die eingeschränkten Reisebestimmungen sorgten damals dafür, dass sich die Wirtschaft des Landes schnell erholte und ihren Wachstumskurs beibehielt. Auch wenn die Null-COVID-Politik sich in der Vergangenheit als effektiv bewiesen hat, stellt sie die Wirtschaft vor Herausforderungen. Unternehmen stellen die Auswirkungen und die Nachhaltigkeit des eingeschlagenen Kurses auf lange Sicht in Frage.

Als Reaktion auf die COVID-Maßnahmen der Regierung haben Unternehmen verschiedener Branchen im ganzen Land ihre Besorgnis geäußert. Einige von ihnen zeigen Anzeichen einer wirtschaftlichen Notlage. Einige ausländisch investierte Unternehmen haben ihre Investitionsstrategie in China überarbeitet, und manche haben bereits beschlossen, den chinesischen Markt ganz zu verlassen.

 

Zusammenfassung: Lockdowns und Reisebeschränkungen in China

In China gelten derzeit mit die strengsten Lockdowns und Reisebeschränkungen der Welt. Diese Maßnahmen stellen sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen vor große Herausforderungen.

Null-COVID Politik

Die chinesische Regierung verpflichtet seine Städte, selbst bei einer geringen Zahl gemeldeter Infektionen Lockdowns zu verhängen. Dies macht diese Politik zu einer der strengsten und restriktivsten der Welt, wobei Millionen von Bürgern in verschiedenen Teilen des Landes auf unbestimmte Zeit ihre Wohnungen oder Wohnanlagen nicht verlassen dürfen.

Ausgenommen des Handels mit unbedingt notwendigen Waren des täglichen Bedarfs, wie bspw. Supermärkten, sind Unternehmen gezwungen, ihren Betrieb vorübergehend einzustellen, bis die lokalen Behörden bestätigten, dass es in diesem Bezirk keinerlei Neuinfektionen mehr gibt.

Diese Maßnahmen haben sich stark auf die Logistik- und Verkehrsinfrastruktur ausgewirkt. Auch der Personen- und Güterverkehr ist stark eingeschränkt.

Reisebeschränkungen

Reisen nach und aus China wurden stark reduziert. Die Reisebeschränkungen und Lockdowns haben die Zukunftspläne vieler hochqualifizierter Expats in China beeinflusst. Viele von ihnen haben sich dazu entschlossen, in ihr Heimatland zurückzukehren. Dieses Problem stellt nicht nur Privatpersonen vor Herausforderungen, sondern führt auch dazu, dass Unternehmen, Mitarbeiter verlieren und nicht mehr in der Lage sind, diese Stellen nachzubesetzen.

 

Gründe, warum Unternehmen erwägen China zu verlassen

Lockdowns

Aufgrund der großen Ungewissheit sind Unternehmen kaum in der Lage vorherzusehen, wann ein Lockdown starten bzw. wie lange er dauern wird. Sie sehen sich daher mit größeren Herausforderungen und unerwarteten Verlusten konfrontiert, auf die sie bisher nicht vorbereitet waren. Abgesehen von temporären Betriebsstillständen, die in einigen Fällen zur endgültigen Geschäftsaufgabe geführt haben, sind auch andere Probleme wie laufende Betriebskosten, unterbrochene Lieferketten und Personalengpässe aufgetreten.

 

Reisebeschränkungen

Zwar können Einzelpersonen nach wie vor nach China reisen, jedoch ist aufgrund der Beschränkungen und teilweise physischer Barrieren das Reisen erschwert.

Hohe Flugpreise, Schwierigkeiten bei der Beschaffung erforderlicher Dokumente zur Einreise sowie lange Quarantänezeiten erschweren die Einreise nach China. Die langwierigen Verfahren für Quarantäne, Tests und gesundheitlicher Untersuchungen sind für Personen, die China verlassen wollen oder wieder einreisen möchten, belastend geworden.

Reisende nach China müssen – nach den seit dem 20. Mai 2022 geltenden Beschränkungen – innerhalb von 24-48 Stunden vor dem Flug einen PCR-Test sowie einen Antikörpertest durchführen lassen und die vorgeschriebene Impfung gegen COVID-19 muss mindestens 14 Tage vor Abflug verabreicht worden sein. Bei Ankunft müssen das negative Testergebnis sowie der Impfpass vorgelegt werden. Einreisende werden direkt am Flughafen kontrolliert. Zudem ist eine gesetzlich vorgeschriebene Quarantäne von mindestens 14 Tagen zu absolvieren, die je nach Region auch länger dauern kann.

Infrastruktur

Der unterbrochene Lkw-, Luftfracht- und Schiffsverkehr hat die lokalen und internationalen Lieferketten erheblich beeinträchtigt. Während zahlreiche Schiffe seit geraumer Zeit in den chinesischen Häfen auf einen Anlegeplatz warten, können Lastkraftwagen aufgrund von Einschränkungen und Personalmangel nicht starten. Da sich die Lieferung von Rohstoffen und Endprodukten verzögert, sehen sich die Unternehmen mit immer größeren Schwierigkeiten bei der Befriedigung der Nachfrage konfrontiert.

Vor allem die Schließung des Hafens in Shanghai hatte erhebliche Auswirkungen auf die lokalen und globalen Lieferketten. In Shanghai befindet sich der größte und verkehrsreichste Hafen der Welt, dessen Betrieb nun mehr als zwei Monate lang eingestellt war.

Das chinesische Logistikunternehmen Suto Logistics beispielsweise unterstützte städtische Betriebe während der Lockdowns mit der Lieferung von Gütern des täglichen Bedarfs. Regulär hätte das Unternehmen in dieser Zeit mehr als 1000 Tonnen Frachtgüter transportiert.

Darüber hinaus sind multinationale Unternehmen wie Apple, Tesla, Amazon und Adidas von Störungen ihrer Lieferketten betroffen, da ein großer Teil des internationalen Handels über Shanghai abgewickelt wird.

Die Auswirkungen der anhaltenden Lockdowns in Shanghai haben weltweit zu inflationären Auswirkungen geführt und die Verbraucher belastet. Gestiegene Frachtkosten aufgrund von Verspätungen und Engpässen im weltweiten Schiffsverkehr haben dazu geführt, dass sich die Kosten für die betroffenen Unternehmen stetig erhöhen.

Unvorhersehbare und rasche Änderung der Regularien in bestimmten Branchen

Regulatorische Maßnahmen, die sich direkt auf bestimmte Branchen auswirken, haben eine Reihe ausländischer Unternehmen dazu veranlasst, den chinesischen Markt zu verlassen. Beispiele dafür sind Unternehmen wie Yahoo und LinkedIn. Am auffälligsten ist das harte Durchgreifen gegenüber der Technologiebranche, was sich in der Rücknahme des Börsengangs der Fintech-Sparte von Alibaba, Ant. Group bemerkbar machte. Solche regulatorischen Maßnahmen wurden auch auf andere wichtige Branchen wie beispielsweise die Gaming-Branche, das private Bildungswesen und die Unterhaltungsbranche ausgeweitet. Dies trägt dazu bei, dass ausländische Unternehmen das derzeitige wirtschaftliche Umfeld inkl. der COVID-19 Maßnahmen und deren Unvorhersehbarkeit mit Ablehnung gegenüberstehen.

 

Ziehen sich Unternehmen wirklich zurück?

Die US-amerikanische Handelskammer in China hat kürzlich eine Umfrage zu den Auswirkungen von COVID-19 auf die amerikanische Unternehmenslandschaft innerhalb des Landes durchgeführt. Die Umfrage erhob Daten zu Wirtschaftsfaktoren und wichtigen Leistungskennzahlen wie Lieferketten, Gewinnen, Mitarbeiterbindung und Investitionen ab. Sie befasste sich auch mit den Bemühungen der chinesischen Regierung, die Wirtschaft zu stabilisieren und bestimmte Geschäftsbereiche durch verschiedene Maßnahmen wieder zu öffnen.

Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören:

  • Das Vertrauen in das chinesische Wirtschaftsumfeld ist aufgrund der jüngsten Ausbrüche und auferlegten restriktiven Maßnahmen gesunken.
  • Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen hat ihre Investitionen im Land bereits reduziert oder aufgeschoben.
  • Die meisten Unternehmen berichteten von Lieferengpässen und Arbeitskräftemangel. Zudem sind Produktionskapazitäten aufgrund der verhängten Lockdowns eingeschränkt.
  • Die Befragten rechnen zudem mit geringeren Einnahmen in diesem Jahr.

Etwa die Hälfte der Unternehmen berichten, dass sich ausländische Arbeitskräfte aufgrund der „dynamischen Null-COVID“-Politik und der damit einhergehenden Einschränkungen dagegen entscheiden, nach China zu kommen. Außerdem gab mehr als ein Viertel der Befragten an, dass die COVID-19-Beschränkungen zu einem Abbau von mehr als 30 % ihrer ausländischen Mitarbeiter geführt haben.

Aufgrund dessen haben einige Unternehmen in Betracht gezogen, ihren Betrieb oder Teile davon aus China zu verlagern. Andere erwägen die Verlegung ihres Hauptsitzes, und einige wenige rechnen mit der vollständigen Einstellung ihrer chinesischen Geschäftstätigkeit.

Laut einer Blitzumfrage der EU-Handelskammer in China denken 23 % der europäischen Unternehmen darüber nach, ihre Investitionen aus China abzuziehen.

Zu Beginn des Jahres 2022 nahmen in China tätige Unternehmen die wirtschaftliche Situation innerhalb des Landes insgesamt positiv wahr. Mit den Einschränkungen des täglichen Lebens in einigen Großstädten und der Ungewissheit, wann die strengen Maßnahmen ein Ende finden, hat sich die Stimmung jedoch deutlich verändert. Es scheint, dass multinationale Unternehmen weiterhin an Gesprächen zur Lösungsfindung mit den chinesischen Behörden interessiert sind, viele kleinere Unternehmen hingegen überdenken ihre Marktposition.

Mehrheit der Unternehmen entscheidet sich zu bleiben

Auch wenn einige internationale Unternehmen ihre Frustration über die COVID-Maßnahmen zum Ausdruck bringen und erwägen, ihre Investitionen zu reduzieren, stellen diese Unternehmen nur einen Bruchteil der Betriebe innerhalb des Landes dar.

Die meisten Unternehmen haben in naher Zukunft keine derartigen Pläne, da auch die Verlagerung von Geschäftsaktivitäten aus China heraus ein sehr schwieriger und komplexer Prozess ist. Selbst wenn sie von der COVID-Politik frustriert sind, zögern sie, sich aufgrund kurzfristiger Unannehmlichkeiten aus diesem etablierten Markt zurückzuziehen.

Inzwischen wird sich die chinesische Regierung zunehmend der Auswirkungen der Pandemie auf die Lieferketten des Landes bewusst und sucht nach Wegen, die Anforderungen der Wirtschaft zu erfüllen, ohne die Gesundheit der Bürger zu gefährden. Laut dem chinesischen Wirtschaftsministerium soll ein Programm zur Förderung ausländischer Investitionen und zur Ausweitung der Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Unternehmen aufgestellt werden.

Folgen von COVID-19 für künftige Investitionen in China

Die ausländischen Direktinvestitionen in China stiegen in den ersten vier Monaten des Jahres 2022 um 26,1 %. Investitionen aus den USA und Deutschland trugen am meisten zu dieser Entwicklung bei. Chinas Vorsprung in Infrastruktur und Logistik beruht nicht nur auf seinen günstigen Personalkosten. Die zahlreichen Logistikzentren tragen dazu bei, Prozesse effizienter zu gestalten und so die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen im Rahmen der COVID-19-Politik und der damit verbundenen Maßnahmen ziehen Investoren nun auch andere Schwellenländer in Betracht. Der südostasiatische Raum wird nun zur Diversifizierung der Lieferketten und zur Risikominimierung in Erwägung gezogen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Unternehmen ganz aus dem chinesischen Markt zurückziehen. Stattdessen warten viele Unternehmen immer noch auf politische Entwicklungen, die Investitionen in China wieder attraktiv machen.

In der kürzlich durchgeführten Sino Benelux Business Survey 2022 zogen 30 % der Befragten eine Verlagerung (eines Teils) ihrer Aktivitäten aus China heraus in Betracht. Obwohl ein Großteil nach wie vor im Land aktiv bleiben möchte, werden wirtschaftliche Folgen zu spüren sein.

Viele europäische Unternehmen haben Produktionsstätten in China, somit kann sich jede Verzögerung in der Wertschöpfungskette negativ auf ihr gesamtes Geschäft auswirken. Die Entscheidung oder die Überlegung, die Produktion in eine andere Region zu verlagern, verdeutlicht die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen der Maßnahmen auf das Vertrauen der Unternehmen.

 

Ausblick

Viele internationale Unternehmen spüren nach wie vor die Belastung durch die Null-COVID-Politik in China. Zwar haben einzelne Unternehmen angedeutet, sich aus dem Land zurückzuziehen, doch die Mehrheit hat sich vorerst dazu entschieden, in China zu bleiben. Sie hoffen, dass die Regierung ihre Politik in absehbarer Zukunft lockern wird.

Auch wenn die derzeitige Belastung für ausländische Unternehmen eine Herausforderung darstellt, scheinen das Verfehlen von Gewinnzielen und die Inkaufnahme von Verlusten ein akzeptableres Ergebnis zu sein als die vollständige Verlagerung der Geschäftstätigkeit und die Etablierung auf einem anderen Markt.

China unternimmt bereits Schritte, um ausländische Investitionen im Land attraktiver zu machen. Neben weiteren Maßnahmen fallen hierunter beispielsweise die Reduzierung der durch die Negativliste beschränkten Branchen und die Eröffnung weiterer Freihandelszonen.

 

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